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Betriebsrat kann Arbeitgeber zur Entlassung eines Arbeitnehmers zwingen!

Anmerkung zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.2017 – 2 AZR 551/16 –

Der Fall

Gegenstand des Rechtsstreits war eine Kündigungsschutzklage. Seinen Ursprung nahm das Verfahren aber bereits in einem vom Betriebsrat eingeleiteten und vorausgegangenen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. In diesem konnte der Betriebsrat den Arbeitgeber erfolgreich dazu verpflichten, eine Arbeitnehmerin zu entlassen. Sein Verlangen auf Entlassung stützte der Betriebsrat auf wiederholte und ernsthafte Störungen des Betriebsfriedens durch die Arbeitnehmerin (wiederholt aggressives Verhalten gegenüber Arbeitskollegen).

Der Arbeitgeber kam seiner aus dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren folgenden Verpflichtung nach, indem er der betroffenen Arbeitnehmerin eine außerordentliche fristlose Kündigung sowie hilfsweise ordentliche Kündigung, aussprach. Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmerin.

Im Ergebnis bestätigte das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil die in erster und zweiter Instanz ergangenen Entscheidungen des Arbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil v. 01.02.2016 – 4 Ca 6451/15) sowie des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil v. 13.06.2016 – 9 Sa 233/16). Demnach ist die von der Arbeitgeberin erklärte fristlose Kündigung unwirksam, aber die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung wirksam. Die Arbeitnehmerin musste ihren Arbeitsplatz also nach gut 23 Jahren räumen.

Das Recht des Betriebsrats die Entlassung zu verlangen

Der Betriebsrat kann in besonderen Fällen vom Arbeitgeber verlangen, einen Arbeitnehmer zu versetzen oder zu entlassen. Dieses Recht ergibt sich aus § 104 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das setzt voraus, dass vom betroffenen Arbeitnehmer eine wiederholte und ernsthafte Störung des Betriebsfriedens ausgeht.

Die Entscheidung des Betriebsrats einen Arbeitnehmer zu entlassen oder zu versetzen setzt voraus, dass die Entscheidung verhältnismäßig ist. Insbesondere, wenn der Betriebsrat die Entlassung verlangt. Kann der Betriebsfrieden auch durch die mildere Maßnahme der Versetzung wiederhergestellt werden, wäre ein Verlangen auf Entlassung des Arbeitnehmers unverhältnismäßig. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war eine Entlassung allerdings gerechtfertigt. Denn es war davon auszugehen, dass eine Versetzung der Arbeitnehmerin in eine andere Abteilung oder einen anderen Betrieb, eine bloße Verlagerung der Betriebsstörung zur Folge gehabt hätte.

Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen des Betriebsrats nicht nach, so kann der Betriebsrat in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vom Arbeitgeber verlangen, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen. Hat er dabei Erfolg, ergibt sich daraus für den Arbeitgeber die Pflicht, dem Verlangen des Betriebsrats nachzukommen. In dem hiesigen Fall also die Arbeitnehmerin zu entlassen. Käme der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus dem Beschluss nicht nach, so könnte gegen den Arbeitgeber sogar ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250,00 EUR für jeden Tag der Zuwiderhandlung, verhängt werden.

Die Durchführung der Entlassung durch den Arbeitgeber

Wurde der Arbeitgeber durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts dazu verpflichtet, einen Arbeitnehmer zu entlassen, folgt daraus, dass das Arbeitsverhältnis zu beenden ist. Die Beendigung bezieht sich insoweit auch nicht bloß auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im bisherigen Betrieb.

Wie der Arbeitgeber die Beendigung umsetzt, ist ihm überlassen. Er kann versuchen eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitnehmer durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages herbeizuführen oder das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden.

Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit aber entschieden, dass eine fristlose Kündigung in diesem Zusammenhang nur im Ausnahmefall möglich ist. Die Regel ist eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfristen.

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber auch nur die Entlassung an sich verlangen, dem Arbeitgeber aber nicht aufgeben, in welcher Form er die Entlassung umsetzt.

Kündigungsgrund ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in diesen Fällen ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieses dringende betriebliche Erfordernis ergibt sich wiederum aus dem rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Beschluss, wonach der Betriebsrat die Entlassung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber verlangen kann. Käme der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, wäre er nämlich der Gefahr ausgesetzt, dass ein Zwangsgeld gegen ihn verhängt wird.

Fazit

Der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Fall zeigt einmal mehr, wie stark die Rechte des Betriebsrats sind. Die Maßnahme des Betriebsrats, vom Arbeitgeber die Entlassung eines Arbeitnehmers zu verlangen, klingt im ersten Moment widersprüchlich. Denn die Aufgabe des Betriebsrats ist es ja gerade, die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Genau das hat der Betriebsrat hier aber getan, indem er den Arbeitgeber gezwungen hat, den Betriebsfrieden durch Entlassung des Störers wieder herzustellen.

Weitere Informationen zu den Rechten und Pflichten eines Betriebsrats finden Sie hier.